Laut den aktuellsten Zahlen einer Umfrage des ADAC vom November 2020 ist der Anteil der Menschen, die noch täglich zur Arbeit fahren, von 66 Prozent vor der Corona-Krise auf 48 Prozent gesunken. Mehr als jeder Siebte Pendler legt gar keine entsprechenden Wege mehr zurück, ist also scheinbar komplett in das Homeoffice gewechselt.
Was zunächst nach einem guten Ergebnis klingt, da so die Straßen entlastet und die Umwelt geschont wird, muss jedoch auch die Kehrseite dieser Zahlen kennen. Denn durch die reduzierung der Fahrgastzahlen fehlt in den Kassen der Nahverkehrsbetrieben und den Verbünden enorm viel Geld. Viele Verkehrsunternehmen oder deren Auftraggeber haben den Kunden eine “Frozen-Zone” für Abos angeboten. In dieser Zeit muss der Fahrgast für sein Abo nicht bezahlen, kann aber das Abo auch nicht nutzen. Aber auch in dieser Zeit fließt kein Geld in die Betriebskassen. Und das obwohl weitestgehend der Betrieb mittlerweile wieder landesweit auf Normalbetrieb gestellt ist.
Zahlen des Verkehrsverbundes Rhein-Sieg (VRS) belegen einen drastischen Absturz der Fahrgäste: Im Februar lagen die Fahrgastzahlen bei 35 Prozent des Vor-Corona-Niveaus. Im Januar (37 Prozent) und Dezember (39 Prozent) sah das kaum besser aus. In einer aktuellen Befragung des VRS vom März haben 54 Prozent der Berufstätigen angegeben, derzeit zumindest ab und zu im Homeoffice zu arbeiten. Vor der Pandemie war es weniger als jeder dritte. 25 Prozent der Pendler haben angegeben, seltener den öffentlichen Nahverkehr künftig zu nutzen.
Beim ADAC stoßen diese Pläne auf Zustimmung. Der ÖPNV müsse als echte Alternative wahrgenommen werden, sagt Roman Suthold, Leiter Verkehr und Umwelt beim ADAC Nordrhein e.V. gegenüber dem Kölner Stadt-Anzeiger. „Dafür braucht es ein attraktives Preis-Leistungsverhältnis und viel flexiblere Tarife. Wenn Arbeitnehmer künftig nur noch dreimal die Woche ins Büro fahren, lohnt sich ein klassisches Monatsticket nicht mehr. Auch Gelegenheitsnutzern müssen passende Angebote gemacht werden.“ „Es gibt eine Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit“, sagt Suthold. „Moralisch sind wir uns alle einig, dass wir etwas gegen den Klimawandel unternehmen müssen. Aber solange das Auto das bequemste Verkehrsmittel bleibt, werden die Leute auch weiterhin mit dem Pkw zur Arbeit fahren. Bequemlichkeit sticht Moral. Außerdem hat das Auto in der Corona-Pandemie deutlich an Attraktivität hinzugewonnen, weil es im Gegensatz zum ÖPNV einen persönlichen Schutzraum bietet.“
Foto: S. Hermann & F. Richter (Symbolbild)