Der Ministerpräsident Hendrik Wüst, der zugleich der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz ist, fordert vom Bund einen milliardenschweren Nachschlag bei den Regionalisierungsmitteln für den öffentlichen Nahverkehr. “Die Länder benötigen in der aktuellen Situation über drei Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich für einen leistungsfähigen ÖPNV”, sagte der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Freitag.. Für einen Nachfolger des 9-Euro-Tickets müsse der Bund zusätzliche finanzielle Mittel zur Verfügung stellen. Könnte am Ende ein Nachfolger des 9-Euro-Tickets an ihm scheitern?
Mit dem 9-Euro-Ticket war der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) in Deutschland zwischen Juni und August 2022 so einfach, übersichtlich und vor allem günstig wie nie zuvor. Schnell war allen Beteiligten klar: ein bundesweiter einheitlicher Tarif muss her. Doch wie das finanziert werden soll, ist auch heute nicht geklärt, und der Bund streitet sich mit den Ministerpräsident:innen der Länder. Zwar hat sich die Bundesregierung geeinigt, ein neues und drittes Entlastungspaket für alle zu schnürren, doch beim Thema Mobilität und dem konkreten Thema des Nachfolgers des 9-Euro-Tickets sind noch viele Fragen offen.
Für den CDU-Politiker ist aber schon von Anfang an klar: die finanzielle Last können die Länder nicht alleine stemmen. “Hier geht es für die Länder ans Eingemachte” sagte Hendrik Wüst bei einem Interview mit “The Pioneer” in Düsseldorf. Er kritisiert das gesamte Entlastungspaket, was mit 65 Milliarden Euro angesetzt ist, denn eine Antwort auf die Frage, wie das ganze finanziert wird, bleibt der Bund allen Bürger:innen offen. Es fehle zudem eine Antwort zum Thema Mittelstand, Wirtschaft und Energiepreise. “Notfalls gehen wir in den Vermittlungsausschuss.” Dieses Gremium von Bundestag und Bundesrat soll einen Konsens finden, wenn vom Bundestag beschlossene Gesetze in der Länderkammer keine Mehrheit finden.
Es sei nicht in Ordnung, dass über 30 Milliarden Euro von diesem Paket steuerfinanziert seien und automatisch davon ausgegangen werde, dass die Länder mitmachten, kritisierte Wüst. “Der Bund hat mit niemandem von uns gesprochen.” Er habe den Wunsch vieler wahrgenommen, dazu eine Ministerpräsidentenkonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) einzuberufen. Dafür werde gerade ein Termin mit dem Bund abgestimmt.
“Die Länder benötigen in der aktuellen Situation über 3 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich für einen leistungsfähigen ÖPNV”, sagte der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). “Für einen Nachfolger des 9 Euro-Tickets muss der Bund zusätzliche finanzielle Mittel zur Verfügung stellen.” Das Land Nordrhein-Westfalen fördert den öffentlichen Personennahverkehr und dabei insbesondere den Schienenpersonennahverkehr bereits mit rund 1,5 Milliarden Euro jährlich.
Wüst lenkte den Blick auch weg vom Endkunden hin zu den Verkehrsbetrieben, die ebenfalls unter die hohen Energiepreisen leiden: “Allein die Energiekostensteigerung verteuert den ÖPNV so drastisch, dass er bei gleicher Leistung aus den bisherigen Regionalisierungsmitteln nicht zu finanzieren ist”, betonte er. “Wenn man die Leistungen des ÖPNV weiter ausdehnen will, braucht es allein dafür eine Erhöhung der Regionalisierungsmittel.”
Der ehemalige Verkehrsminister NRWs pochte auf den Ausbau der Infrastruktur: “In der Verkehrspolitik gibt es jenseits eines 9-Euro-Tickets aktuell noch eine Vielzahl weiterer wichtiger Maßnahmen, die es zu finanzieren gilt – beispielsweise der Ausbau des ÖPNV insbesondere im ländlichen Raum. Viele Menschen haben gar nicht erst die Möglichkeit, mit dem ÖPNV morgens zur Arbeit zu fahren. Die Ampelparteien sollten nicht nur Großstadtpolitik machen, sondern auch an die Menschen im ländlichen Raum denken.” meinte Hendrik Wüst gegenüber dem RND.
An diesem Wochenende findet der CDU-Parteitag statt. Ob er dort seine Mitstreitenden Parteianhänger überzeugen kann, dass erst ein Mal eine Ablehnung sinnvoll ist bis eine klare Finanzierung geklärt ist, ist eine wage Bezweiflung. Denn der politische Druck ist nicht nur auf die Bundesregierung enorm hoch, sondern auch bei den Parteien in den Landtagen der Bundesländer.