Kritik an Reaktivierungsplan Moers ↔️ Neukirchen-Vluyn

Erst gestern haben wir über die mögliche Reaktivierung der Bahnstrecke zwischen Moers und Neukirchen-Vluyn berichtet.
Bewohner aus Moers-Hülsdonk, die sehr nahe der Bahntrasse leben, befürchten nun eine dauerhafte Lärmbelästigung, kritisieren zugleich auch hohe Kosten und erhebliche Eingriffe in die Natur.
 
Auch wenn eine Reaktivierung frühestens ab 2030 der Fall wäre, teilen sich Moerser und Neukirchen-Vluyner bereits jetzt in Befürworter und Gegner des Projekts auf. Klaus Bürger, ein Anwohner im Moerser Stadtteil Hülsdonk, lebt nahe der Bahntrasse und lehnt die Reaktivierung ab. Gegenüber „RP-Online“ sagte der 59-Jährige: „Ich genieße es, im Wald spazieren zu gehen, den ich über den Fußweg erreiche. Wenn die Bahn wieder fahren sollte, wird das nicht mehr möglich sein.“
Er wohnt an der Straße „Im Schroersfeld“, die über einen verlängerten Fußweg über die Bahntrasse verläuft.
 
In den vergangenen Wochen hat er sich mit vielen Hülsdonkern unterhalten, die zwischen der Hülsdonker Straße und dem Moerser Hauptfriedhof wohnen, der sich nördlich an die Bahnlinie anschließt, z.B. an den Straßen „Unter den Platanen“, „In den Weiden“ oder „An Hoffmanns Büschken“. „Sie sprechen sich mehrheitlich gegen eine Reaktivierung der Bahntrasse aus“, sagt er der Redaktion von „RP-Online“. „Befürworter, die selber nicht direkt an einer Bahnlinie leben, haben da gut reden“ ergänzt er.
Der Hülsdonker hat die Argumente, die dagegen sprechen, Triebwagen im Halbstundentakt von Duisburg über Moers nach Vluyn und zurückfahren zu lassen, zusammengetragen.
 
„Die geplante Bahn soll in Hülsdonk durch die Landschaftsschutzgebiete L 23 Hülsdonker Flutgraben und L 24 Hülsdonker Büschchen sowie unmittelbar an reinen Wohngebieten vorbeifahren“, sagt er. „Dadurch werden Flora und Fauna stark negativ beeinträchtigt. Auch die Wohn- und Nachtruhe für die Anwohner wird durch die geplante hohe Taktung von frühmorgens bis in die späten Abendstunden stark gestört.“
 
Viele Anwohner bezweifeln auch, ob die Reaktivierung überhaupt gebraucht wird. Da der Bahnhof Vluyn ein Kopfbahnhof endet und gleichzeitig viele Bahnübergänge wieder aktiviert werden würden, käme es zu Staus als auch für Radfahrer oder Fußgänger zu längeren Wartezeiten. Ebenso fragen sich die Bürger, ob die Investitionskosten, die nach einer ersten Machbarkeitsstudie zwischen 35-50 Millionen Euro liegen, wie auch die Betriebskosten im Verhältnis zum Nutzen stehen.
 
Diesen Nutzen sehen die Hülsdonker beispielsweise in der Co2-Reduzierung oder der Lärmabnahme an Hauptstraßen, weil mit einer Eisenbahnverbindung weniger Autos unterwegs wären. „Die Anwohner sind nicht gegen ÖPNV“, sagt Klaus Bürger (Anwohner). „Ich bin auch Zugfahrer. Aber eine Nachhaltigkeit wird in Anbetracht der vorhandenen Landschaftsschutzgebiete sowie Wohngebiete nicht gesehen.“
 
Die Zahl der Pendler, die ein solches Angebot am Ende nutzen würden, sei schwer zu schätzen, sagt der Moerser. „Auch die Folgekosten für Betrieb, Wartung und Reparaturen, die wohl Dauer bezuschusst werden müssten, weil sich diese Strecke nicht wirtschaftlich betreiben lässt, werden hoch sein. Hierbei darf man auch nicht vergessen, dass Fördergelder auch Steuergelder sind und diese zuvor erarbeiteten Steuergelder auch einen erheblichen Co2-Fußabdruck haben. Das Projekt muss also gesamtvolkswirtschaftlich gesehen werden.“
 
Auch Corona würde laut seiner Meinung viel dazu beigetragen haben. Er ergänzt: „Auch das Coronavirus zeigt uns aktuell, dass das Arbeits- und Schulleben in Zukunft anders aussehen wird. Das wird sich auch dauerhaft auf den ÖPNV auswirken, der in der Coronazeit nur sehr schwach genutzt wurde. Zudem sind tiefe Löcher in den öffentlichen Kassen gerissen worden.“
 
Um ihre Interessen zu vertreten, haben die Anwohner der Straßen, die zwischen der Hülsdonker Straße und dem Hauptfriedhof liegen, eine lose Interessengemeinschaft gebildet und tauschen sich regelmäßig untereinander aus. „Wir sind noch keine Bürgerinitiative, aber das kann kommen.“ betont der 59-Jährige.
Anders als die Sozialdemokraten der SPD MOERS gilt der CDU-Bürgermeister Christoph Fleischhauer nicht als Befürworter der Reaktivierung, er wolle aber den Vorplanungen nicht entgegenstehen.
 
„Wir müssen den ÖPNV neu denken“, sagt der Verwaltungschef „ob die Reaktivierung der Bahntrasse von Neukirchen-Vluyn nach Moers sinnvoll ist, wird sich im Laufe des Prozesses zeigen. Ich persönlich halte das Projekt zurzeit aus verkehrspolitischen und wirtschaftlichen Gründen nicht für sinnvoll.“

Foto: Erwin Pottgiesser / FUNKE Foto Services