Nachdem das Insolvente Unternehmen Abellio nun die letzten Chancen nicht genutzt hat, den Fahrbetrieb ab Februar 2022 weiterzuführen, haben sich die Verkehrsverbünde nun zu einem endgültigen Schritt entschlossen: Notvergabe.
DB Regio NRW wird wieder stärker
Wie bereits vermutet wurde, wird durch die Notvergabe die DB Regio NRW wieder stärker beteiligt sein, als es bisher der Fall war. Auch andere Unternehmen werden von der Notvergabe profitieren und können ihr Linienportfolio ab Februar 2022 erweitern. Zuletzt hatte der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) die Fahrkartenautomaten optisch angepasst und das Abellio-Logo entfernt. Auf Nachfrage unserer Redaktion, war das die Schlussfolge der Insolvenz und hatte noch keinen Bezug zu der Notvergabe. Transdev bleibt jedoch weiterhin der Vertriebsdienstleister für die Nahverkehrstickets im VRR.
Millionenteure Notvergabe
Das Land NRW hatte bereits zugesichert, dass die im Falle einer Notvergabe anfallenden Mehrkosten zu übernehmen. Diese belaufen sich im Fall von Abellio nun auf rund 380 Millionen Euro. Die Notvergaben laufen für die Eisenbahnverkehrsunternehmen zwei Jahre, und werden dann erneut ausgeschrieben. Das der zweitgrößte Nahverkehrsanbieter nun vom Markt verschwindet, ist auf jeden Fall ein Alarmsignal auch für die Aufgabenträger – die Verkehrsverbünde. Der SPD-Landtagsabgeordnete Carsten Löcker sprach vor kurzem im Landtag von einem drohenden „Super-GAU im Regionalbahnverkehr“. Ein „vorprogrammiertes Chaos“ soll es nach seiner Aussage dann zum 01. Februar 2022 geben. Auch der NRW-Chef des Fahrgastverbandes „Pro Bahn“ glaubt an die Auswirkungen für Reisende und Pendler: „Das wird nicht reibungslauf von statten gehen. Wir befürchten Ausfälle der Züge“, sagt Andreas Schröder.
DB-Regio NRW, NationalExpress, VIAS übernehmen
Heute hat der Verkehrsverbund VRR, welcher am meisten von der Situation betroffen ist, getagt und das Vorhaben der Notvergabe vorangebracht. Abschließend müssen nur noch doe anderen beiden Verkehrsverbünde zustimmen. Der NVR (Nahverkehr Rheinland GmbH) und der NWL (Nahverkehr Westfalen Lippe). Diese sollen sich bis kommenden Dienstag dazu abschließend beraten, wer welche Linien übernehmen soll. Wenn man den Zeitplan anschaut, bleiben dann gerade mal sechs Wochen Zeit für die Planung und Umsetzung.
Für die Notvergabe haben sich einige Bahnunternehmen beworben. Darunter die DB Regio NRW, NationalExpress und der der dänisch-deutsche Anbieter VIAS. Nach dem Beschluss des VRR sollen die Linien dann wie folgt aufgeteilt werden:
Personal wird auch bei Übernahme der Linien benötigt
Bei der Übernahme von neuen Linien und neuem Personal steht der Zeitdruck nicht nur beim Aufgabenträger, sondern auch entsprechend beim Bahnunternehmen im Nacken. „Das wird eine riesig große Herausforderung“, sagte auch der Geschäftsleiter Service von VIAS, Thomas Esser. Seine Firma hat aktuell rund 157 Mitarbeiter für die Linien RB34 (Mönchengladbach – Dalheim) und RB39 (Düsseldorf – Neuss – Grevenbroich – Bedburg). Für die Übernahme der S7 und RE19 werden auf einen Schlag genauso viele neue Mitarbeiter benötigt. Ob und wie viele Mitarbeiter von Abellio jedoch dann bei den anderen Bahnunternehmen weiterarbeiten werden, ist noch ungewiss. Zwar hat der VRR den Mitarbeitern einen möglichst reibungslosen Übergang zugesprochen, mit der Wahrung von Überstunden und Urlaubstagen. Doch ein neues Unternehmen bedeutet auch andere Regeln, andere Tarifverträge und andere Dienststellen. Zuletzt hatten viele Beschäftigten angegeben, nicht bei anderen Unternehmen arbeiten zu wollen.
"Ruckeln" im Februar nicht ausgeschlossen
Aber nicht nur beim möglichen Personalmangel könnte es ruckeln: auch bei den Fahrzeugen und Fahrzeugwartungen könnte es eng werden. Zwar gehören die meisten Fahrzeuge dem VRR oder einem Leasinggeber, doch die Fahrzeuge müssen vom neuen Personal auch abgenommen werden, Schulungen bekommen, und die Werkstatt dem neuen „Standard“ des neuen Betreibers gerecht gestaltet werden. Der VRR-Chef Ronald Lünser geht daher auch von „Ruckeleien“ beim Übergang im Februar aus und bittet den Reisenden und Pendlern da um Verständnis. Wie viel Verständnis die jedoch haben, bei steigenden Ticketpreisen, weniger Zugangebot auf einzelnen Linien und dann noch vermehrt Zugausfälle auf einigen wichtigen Linien NRWs wird sich zeigen.