In der Vergangenheit haben wir bereits über einen möglichen Verkauf von Keolis Deutschland, die unter der Marke “eurobahn” Regionalzüge bedient, berichtet. Die Konzernspitze hatte dieses vehement abgelehnt und auch in internen Gesprächen mit den Mitarbeitern einen Verkauf vollkommen ausgeschlossen. Nun hat jedoch der Auftraggeber Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) am vergangenen Freitag berichtet, dass der französische Mutterkonzern Keolis S. A. als Gesellschafter von Keolis Deutschland zum Ende dieses Jahres ausscheiden wird.
Nach intensiven Gesprächen mit den Verantwortlichen von Abellio hatten erst am 24.09 der VRR, NWL und NVR mit dem Zugunternehmen eine Fortführungsvereinbarung verhandeln können, auf deren Basis die Zuverlässigkeit und Qualität, der von Abellio betriebenen Linien in Nordrhein-Westfalen gesichert werden kann. Die politischen Gremien der drei Aufgabenträger haben dieser Vereinbarung zugestimmt. Das Unternehmen, das sich derzeit in einem Schutzschirmverfahren befindet, wird voraussichtlich ab dem 1. Oktober in ein sogenanntes reguläres Schutzschirmhauptverfahren in Eigenverwaltung zur Sanierung übergehen. Die Fortführungsvereinbarung schafft somit einen Zeitrahmen, in dem neben der Sicherstellung des Betriebes insbesondere eine langfristige Perspektive über die Möglichkeit von Anpassungen der Verträge (Verkehrsvertrag 2.0) zwischen den Aufgabenträgern und Abellio erarbeitet werden kann.
Nach den erfolgreichen Verhandlungen steht nun aber auch fest: auch Keolis Deutschland (eurobahn) steuert auf einen Weiterbetrieb des Zugverkehrs in NRW zu.
Wie der NWL am vergangenen Freitag mitteilte, habe man mit Keolis eine langfristige Weiterführung im westfälischen Schienennetz vereinbart. Das Eisenbahnverkehrsunternehmen soll vertragsgemäß bis maximal 2032 weiter das Maas-Rhein-Lippe-Netz, das Hellweg-Netz, das Teutoburger Wald-Netz und das Ostwestfalen-Lippe-Netz bedienen.
Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) war ebenfalls bei den Gesprächen und beim Beschluss dabei. Doch ein entsprechender Beschluss steht zum aktuellen Zeitpunkt noch aus.
Der NWL gab in der Pressemeldung ebenfalls an, dass der französische Mutterkonzern “Keolis S. A.” als Gesellschafter von Keolis Deutschland Ende 2021 ausscheidet. Das Unternehmen werde spätestens zum 1. Januar 2022 also an einen neuen, ‟neutralen Gesellschafter” überführt werden, heißt es. Doch wer dieser “neutraler Gesellschafter” ist, teilte man nicht mit. Denkbar wäre eine Aufteilung des Gesamtunternehmens sowie, dass der neue Gesellschafter zunächst eine Interimslösung ist, bis eben zum Ende der Verkehrsverträge eine Gesamtlösung gefunden wurde.
Anders als den eigenen Mitarbeitern gegenüber offen gelegt wurde, ist klar: Keolis Deutschland ist bereits seit über einem Jahr auf der Suche nach einen neuen Investor. Das war in Bahnkreisen bereits bekannt geworden, da der Mutterkonzern aus Frankreich klar gemacht hat, dass das Verlustgeschäft in NRW nicht mehr weiter tragbar ist.
Anne Mathieu, CEO von Keolis Deutschland, dankt ihren Mitarbeitern und Partnern gleichermaßen für das entgegengebrachte Vertrauen. Sie hatte aber zuletzt den eigenen Mitarbeitern bei internen Gesprächen zugesichert, es gäbe keinen Plan, Keolis zu verkaufen. “Die vergangenen Monate haben unseren Kollegen viel Geduld abgefordert. Aber nun sind die Weichen gestellt: Wir haben eine Einigung erzielt, die die Arbeitsplätze von über 900 Mitarbeitern sichert, die zuverlässige Erbringung von Verkehrsleistungen im Sinne unserer Fahrgäste gewährleistet und das System Schiene als Ganzes nachhaltig stärkt. Sowohl wir als auch unsere Aufgabenträger als starke Partner tragen maßgeblich zu dieser Lösung bei.”
Der fehlende Beschluss des VRR sowie sowie der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG) und Provincie Overijssel wird zeitnah gerechnet, sodass die anschließenden Details zur Neuaufstellung von Keolis Deutschland bis zum Jahresende von allen Gremien in Deutschland und Frankreich final abgeschlossen werden können.
Bei Abellio ist man zeitgleich einen Schritt weiter, die Neuaufstellung des Unternehmens zu gestalten. Es kündigte an, vom vorläufigen Schutzschirmverfahren in das Hauptverfahren gewechselt zu haben. “Damit geht Abellio einen wichtigen Schritt mit Blick auf die Sanierung und die langfristig erfolgreiche Neuaufstellung”, hieß es in einer Pressemeldung. Ziel sei es, das Sanierungsverfahren im Laufe des Frühjahrs 2022 erfolgreich zu beenden.