Mit dem Pilotprojekt soll ein Service-Chat angeboten werden, der eine attraktive und zeitgemäße digitale Kommunikationsmöglichkeit darstellt. So sollen Fahrgäste einen erleichterter Zugang für die Nutzung von Bus und Bahn schaffen. Ebenso sollen so Fragen rund um den ÖPNV oder dem Abo schneller gelöst werden können. Das Pilotprojekt “Service-Chat NRW” ist in der Münsteraner Zweigstelle des Kompetenzcenters Digitalisierung NRW (KCD) angesiedelt und ist bereits in der ersten Testphase gestartet.
Mit dem Service-Chat gewinnen Nahverkehrskund*innen eine attraktive und zeitgemäße Kommunikationsmöglichkeit. Eine wesentliche Maßnahme im Rahmen des zweijährigen Pilotprojekts ist der Aufbau einer zentralen Wissensdatenbank, die den Fahrgastdialog über alle Kanäle hinweg auf ein durchgängig hohes Qualitätsniveau heben soll. So sollen später nicht nur Mitarbeiter*innen mit den Kunden chatten, sondern auch mit Hilfe der Wissensdatenbank ohne weitere Hilfe eines Mitarbeiters die Antwort auf eine Frage bekommen.
Der planmäßige Testbetrieb begann im Spätsommer 2022 über ausgesuchte Desktop-Websites verschiedener Nahverkehrspartner*innen – u.a. beim Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR), Aachener Verkehrsverbund (AVV), und dem Regionalverkehr Münsterland (RVM). Dort ermöglicht der Chat nun im Livebetrieb einen unmittelbaren Dialog zwischen Verkehrsverbünden/-unternehmen und ihren Fahrgästen. Nach der Pilotphase, die vom Kompetenzcenter Digitalisierung (KCD) geleitet wird und in der ÖPNV Digitalisierungsoffensive NRW verankert ist, soll der Service-Chat NRW als modernes Kommunikationsmedium in die Kundenkanäle des NRW-Nahverkehrs implementiert werden.
In Sachen Kundenservice wollen die Menschen in Deutschland digitale Kanäle nutzen und zugleich mit Menschen kommunizieren. Das zeigt eine Kundenservicestudie von Genesys. Danach erwarten 67 Prozent der Befragten Support über digitale Kanäle; 62 Prozent meinen allerdings, der beste Kundenservice werde von Menschen geleistet. Am meisten geschätzt werden eine schnelle Antwort (51 Prozent) sowie sachkundige Mitarbeiter*innen (69 Prozent).
In der Wissensdatenbank werden idealerweise alle wichtigen und verfügbaren Informationen zum NRW-Nahverkehr hinterlegt. Dazu gehören neben aktuellen Publikationen auch Tarif- und Abonnement-Informationen, Marketingaktionen, Ansprechpartner:innen und Kontaktmöglichkeiten. Die Informationen werden in Textform, aber auch mit der Einbindung von Links und Dateien in verschiedener medialer Aufbereitung und Dateiformaten hinterlegt.
Die zentrale Wissensdatenbank soll unter anderem die folgenden Inhalte enthalten:
Handbücher für Tarif und Vertrieb, Karten (NRW-Liniennetz, Liniennetzpläne der Verbundräume, Stadtlinienpläne, etc.), Publikationen, Tarifbroschüren
Fahrpreisinformationen, Preisänderungen, tarifliche Besonderheiten (Anschlusstickets, KombiTickets, BahnCard, Rail & Fly, CityTicket, Kurzstrecke, 2-Waben-Beziehung, Schwerbehinderte, etc.), Sonder-/Marketingaktionen
Tarif im Internet (Ticketberater, EFA, ASS, Preisstufenfinder, bahn.de, vrr.de, etc.), Ticketverkauf (HandyTicket, Ticketshops, etc.)
e-Tarif eezy.NRW
Fahrgastrechte und weitere Kundengarantien (Mobilitätsgarantie, Anschlussgarantie, etc.)
Rufnummern, Adressen von Verkehrsunternehmen, KundenCentern, Verbünden, Bedarfsverkehren, etc., Info- und Kontaktdaten
Multi- und intermodale Mobilitätsangebote wie CarSharing, BikeSharing
Die Wissensdatenbank ist als zentrales Hintergrundsystem mandantenfähig und webbasiert aufgebaut. Da nicht nur die Chat-Mitarbeiter*innen auf die dort hinterlegten Informationen zurückgreifen, sondern zukünftig auch der Chatbot, ist sowohl eine übergreifende als auch individuelle Bereitstellung von Informationen je nach Mandanten – Chatbot eines Verkehrsverbundes, -unternehmens oder Zweckverband – und je nach Ausgabeart – Desktop, mobil oder App – verfügbar. So sollen nicht nur Computer, Laptops und Smartphones bedient werden, sondern auch Tablets oder Smart-Speaker wie Alexa oder Siri.
Für die Inhalte und das Befüllen der zentralen Datenbank ist die neue Wissensmanagerin beim KCD in der Zweigstelle Münster, Kerstin Pauls, zuständig. In der Pilotlaufzeit des Service-Chats NRW steuert sie den Aufbau und koordiniert die Pflege der Wissensdatenbank, den Datenexport aus vorhandenen Quellen sowie den Import in die zentrale Wissensdatenbank. Dabei prüft sie auch die Qualität und die Aktualität der Informationen. Mit der Position der Wissensmanagerin wurde eine zentrale Anlaufstelle zwischen Verkehrsverbünden, Verkehrsunternehmen und Betriebsmanagement eingerichtet, um den enormen Aufwand zur Bereitstellung einer umfangreichen Datenlage zum Start des Produktivbetriebs der Wissensdatenbank sowie die Datenverwaltung im laufenden Betrieb zu bewältigen. Das Wissensmanagement fungiert als zentrale Serviceeinheit und stellt eine verwertbare Datenqualität sicher. Daher übernimmt die Wissensmanagerin vollumfänglich die Koordination und den Austausch mit den einzelnen Teilnehmenden; sie ist damit auch die zentrale Ansprechpartnerin für den beauftragten Dienstleister des Chatcenters. Die Überwachung der Datenmigration über Schnittstellen in der Phase der Systemerstellung sowie im weiteren Projektverlauf gehört ebenfalls zu ihren Aufgaben.
Um eine hohe Qualität und eine bleibende Aktualität der Informationen sicher zu stellen, sind Strukturen, geregelte Prozesse und Abläufe zur Wissenserweiterung der Datenbank zu definieren. In enger Kooperation mit der Wissensmanagerin Pauls werden zunächst die beauftragten Chatcenteragenten die Datenbank nutzen, pflegen und erweitern: Je genauer ihre Antworten sind, desto besser wird später auch die Auskunftsqualität des Chatbots sein. Die Eingaben der Agenten sowie weitere Vorschläge von Mitarbeitenden in Verkehrsunternehmen, Verbünden und Zweckverbänden werden durch die Wissensmanagerin geprüft und freigegeben. Dafür bietet das System ein entsprechendes Rechte-Rollen-Konzept. Es ist systemtechnisch auch möglich Informationen aktiv oder inaktiv zu setzen. Dies kann durch die Chat-Agent*innen oder durch die Wissensmanagerin erfolgen. Auch eine Erinnerungsfunktion zum Überprüfen der Informationen nach einem variabel einstellbaren Zeitfenster lässt sich systemtechnisch einstellen. Läuft die zeitliche Gültigkeit einer Information ab, so werden die dafür verantwortlichen Mitarbeitenden separat informiert und können die jeweilige Information prüfen und oder inaktiv stellen und löschen. Zusätzlich bietet die Datenbank ein Archiv und eine Versionierung nach Änderungsdatum.
Für das Pilotprojekt “Service-Chat NRW” wird eine Laufzeit für die Jahre 2021 bis 2024 angesetzt, der operative Beginn erfolgte im Spätsommer 2022. Nach einer vorgelagerten Aufbauphase wird diese Laufzeit in zwei Phasen unterteilt. In der ersten Phase (Oktober 2022 bis September 2023) erfolgt eine Chat Einbindung auf Desktop-Webseiten für einen definierten Teilnehmendenkreis, die Beantwortung der Anfragen erfolgt ausschließlich über einen personenbedienten Chat. In der zweiten Phase (Oktober 2023 bis September 2024) werden der Chatbot livegeschaltet und der Teilnehmendenkreis erweitert. Eine erweiterte Darstellung auf mobilen Webseiten und der Start der Integration in den ersten Apps erfolgen sukzessive im Laufe des Jahres 2023.
Nach der Pilotierung über den Service-Chat NRW soll die zentrale Wissensdatenbank in Zukunft allen Dialogsystemen des NRW-Nahverkehrs zur Verfügung stehen und eine schnelle Hilfe zur Informationsfindung bieten. Durch die Einbindung der Verkehrsverbünde, Zweckverbände und möglichst vieler Verkehrsunternehmen in NRW lassen sich Synergien für den Kundendialog nutzen und erzielen. Über die Benutzerschnittstelle, das sogenannte User-Interface, hinaus soll die zentrale Wissensdatenbank im ersten Schritt auch für den Telefon-Support durch die Schlaue Nummer NRW und das “Digitale Assistenten”-Projekt eingesetzt werden. Um eine unkomplizierte Anbindung weiterer Systeme und Datenbanken zu gewährleisten, ist eine universelle Schnittstelle notwendig.
Im November 2021 wurde der Förderantrag für das Pilotprojekt bei der Bezirksregierung Münster eingereicht, der entsprechende Zuwendungsbescheid in Höhe von 1.991.540 Euro konnte zum 06.07.2022 ausgestellt werden.