
Patrick Kulhei ist der Gründer und Initiator von NahverkehrNRW. Zusammen mit seinem Team schreibt er über alle Neuigkeiten im Nahverkehr NRW.
Um den Nahverkehr in NRW für die Menschen einfacher zugänglich, leistungsstärker, verlässlicher und sicherer zu machen, stellt die Landesregierung im Rahmen ihrer 2019 gestarteten ÖPNV-Offensive bis zum Jahr 2032 Mittel in Höhe von bisher rund 4 Milliarden Euro bereit. Die Mittel stehen u.a. für Neu- und Ausbauvorhaben, Elektrifizierungen und Reaktivierungen im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) sowie für die Finanzierung von Leistungsmehrbestellungen zur Verfügung. Land und SPNV-Aufgabenträger wollen damit schnellere, direktere, komfortablere und zuverlässigere Angebote schaffen.
Zur Steuerung des Angebotsausbaus hat das Verkehrsministerium in enger Zusammenarbeit mit den Zweckverbänden in ihrer Funktion als SPNV-Aufgabenträger und der DB Netz sowie der DB Station & Service eine Zielnetzkonzeption erstellt, um einen aus Fahrgastsicht “idealen” zukünftigen Fahrplan zu entwickeln. Für die gute Zusammenarbeit ist sowohl den SPNV-Aufgabenträgern (VRR, NWL, NVR) als auch der Deutschen Bahn als hauptsächlicher Infrastruktureigentümer zu danken.
Der “Deutschlandtakt”, der für 2040 geplant ist, fungiert dabei nicht nur als Vorbild, sondern wurde vom Ministerium für Verkehr in Nordrhein-Westfalen als Ausgangsbasis zur Erstellung der Zielnetzkonzeption herangezogen, um nicht nur eine landesweite, sondern darüber hinaus eine grenzüberschreitende betriebliche Planung “aus einem Guss” zu ermöglichen. Diese soll mit den ambitionierten und zukunftsorientierten Zielen der Bundesregierung zur Etablierung eines Deutschlandtaktes “Hand-in-Hand” gehen.
Aufgrund der langen Planungs- und Bauzeiten wurden die Maßnahmen in mehrere Zwischenstufen aufgeteilt. Betrachtet werden dabei die Angebote im Jahr 2032 sowie im Jahr 2040. Das Konzept enthält ein breites Spektrum von Verbesserungen im ganzen Bundesland – von kleineren Maßnahmen wie Weichenerneuerungen bis hin zu Großvorhaben.
Neben den bereits genannten geplanten Neuerungen, soll auch eine Verdichtung des Taktangebotes und die damit einhergehenden Kapazitätsausweitungen auf folgenden Strecken erfolgen:
Zudem will man die Strecken weiter Ausbauen bzw. modernisieren, damit die Züge schneller fahren können. Somit würden folgende Linien von schnelleren Fahrten profitieren:
Linie | Strecke | Zeitersparnis |
---|---|---|
RB 37 | Düsseldorf – Remscheid | 7 Minuten |
RE 9 | Köln – Siegen | 7 Minuten |
RE 45 | Bochum – Haltern | 10 Minuten |
RE 51 | Dortmund – Dülmen | 11 Minuten |
Durch dieses erstmalig gesamthafte Konzept für ganz Nordrhein-Westfalen kann landesweit der Schienenverkehr enorm gestärkt werden, die Angebote signifikant verbessert und besser aufeinander abgestimmt werden. Der dafür erforderliche Ausbau der Infrastruktur ist auf Basis der einzelnen Angebotskonzepte abgeleitet und zeigt entsprechende Abhängigkeiten auf. Damit ist auch für weitere landesweite Fragestellungen wie die Digitalisierung der Infrastruktur, die langfristige Entwicklung der Bahnsteigkapazitäten oder die Finanzierung des Betriebs eine wesentliche Planungsbasis geschaffen.
Wie teuer das ganze Vorhaben des Verkehrsministeriums sein soll, ist bisher unklar. Doch man kann sich eine kleine Milchmädchenrechnung ableiten: aus informellen Kreisen des Verkehrsministeriums plant man ein Budget von rund 40 Milliarden Euro ein. Davon gehen zwei Milliarden Euro allein auf das Konto des RRX-Projekts. Finanzielle Unterstützung hofft man daher in Düsseldorf von der Bundesregierung. Denn das angestrebte Ziel, Emissionen zu reduzieren, ist auch eins der Ampel-Koalition in Berlin.
Die Grünen legen zwar am Plan an sich keinen Widerspruch ein, sondern begrüßen dieses Vorhaben. Doch Kritik gibt es dennoch. Zusammen mit der SPD (beide Opposition) bemängeln die Parteien das wirkliche Interesse an diesem Vorhaben. “Jetzt wird auf den letzten Drücker kurz vor den Landtagswahlen ein Plan vorgelegt mit Maßnahmen, die eigentlich schon lange geplant und umgesetzt sein müssten”, sagte der verkehrspolitischer Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, Arndt Klocke gestern im Landtag.
Gleichzeitig schlägt der in Bad Oeynhausen geborene Politiker vor, nicht so lange zu warten, sondern schon jetzt zu handeln. Als Beispiel nannte er zusätzliche Express-Linien mit Bussen, die kleinere Orte miteinander Verbinden bzw. an große Städte anbinden. Der SPD-Politiker und Vizefraktionschef meint, dass das Vorhaben des Verkehrsministerium “kurz vor Toresschluss” zur Landtagswahl im Mai “rausgehauen” wurde.
Als CDU möchte man nach der Wahlniederlage in NRW zur Bundestagswahl wohl wieder Wähler zurückgewinnen. Ob das jedoch mit einem so teuren und nicht ganz zu Ende gedachten Plan funktioniert, werden wir am 15. Mai zu den Landtagswahlen sehen. Wir zumindest freuen uns, wenn der Nahverkehr in NRW endlich wieder mehr Beachtung bekommt, und nicht mehr Stiefmütterlich behandelt wird.
Patrick Kulhei ist der Gründer und Initiator von NahverkehrNRW. Zusammen mit seinem Team schreibt er über alle Neuigkeiten im Nahverkehr NRW.