Im letzten Jahr starben weniger Radfahrer bei Unfällen. Allerdings stieg die Zahl der Opfer, die zu Fuß, mit dem E-Bike oder dem E-Roller unterwegs waren. Experten schlagen daher vor, die deutschen Straßen umzugestalten.
Rückgang der Fahrradunfälle und Anstieg bei Fußgängern und E-Scootern
Nach einem Rekordhoch im Vorjahr ist die Zahl der Fahrradunfälle in Deutschland 2023 leicht gesunken. Laut dem Statistischen Bundesamt wurden 94.050 Unfälle mit Personenschaden gemeldet, was einem Rückgang von 3,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. 444 Radfahrer starben im Straßenverkehr, was bedeutet, dass statistisch gesehen immer noch mehr als eine Person pro Tag ums Leben kam, jedoch weniger als die 474 Todesopfer im Jahr 2022. Fußgänger hingegen waren häufiger betroffen: Rund 28.000 wurden schwer verletzt und 432 getötet, ein Anstieg um 17,4 Prozent.
Verdopplung der Todesfälle bei E-Scooter-Fahrern
Die Zahl der tödlich verunglückten E-Scooter-Fahrer verdoppelte sich auf 20 Personen. 8.300 Fahrer der elektrisch betriebenen Roller wurden schwer verletzt, was einem Anstieg von zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Auch bei Fahrradunfällen ist ein wachsender Anteil von Unfällen mit elektrifizierten Rädern zu verzeichnen. Während Unfälle mit nicht motorisierten Fahrrädern zurückgingen, stieg die Zahl der Unfälle mit E-Bikes. Personen, die mit einem Pedelec (elektrisch unterstütztes Fahrrad bis 25 km/h) verunglückten, starben doppelt so häufig wie diejenigen auf nicht motorisierten Fahrrädern.
Auf den Straßen in Nordrhein-Westfalen verunglückten 2023 insgesamt 2.502 Personen mit einem E-Scooter, ein Anstieg von 16,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr (2022: 2.141 Personen), wie Information und Technik Nordrhein-Westfalen als Statistisches Landesamt mitteilt. Seit der Zulassung der E-Scooter zum Straßenverkehr im Juni 2019 nimmt die Zahl der verunglückten Fahrer und Mitfahrer kontinuierlich zu.
Zunahme der E-Bike-Unfälle und veränderte Altersstruktur
Laut Statistikern verunglückten mehr als zehnmal so viele Menschen auf E-Bikes wie vor zehn Jahren. Dies sei jedoch nicht unbedingt ein Hinweis auf ein gestiegenes Risiko jeder einzelnen E-Bike-Fahrt, sondern vielmehr auf die wachsende Beliebtheit des elektrisch unterstützten Fahrens zurückzuführen. Laut dem Zweirad-Industrieverbands stellten E-Bikes im letzten Jahr erstmals die Mehrheit aller verkauften Fahrräder dar. 2022 besaßen 15,5 Prozent der privaten Haushalte in Deutschland mindestens ein Pedelec, 2014 waren es noch 3,4 Prozent.
Forderungen nach besserer Infrastruktur
Angesichts der Unfallzahlen fordert der TÜV-Verband mehr Polizeipräsenz und einen beschleunigten Ausbau der Infrastruktur für Zweiräder. „Bund, Länder und Kommunen müssen die schwächeren Verkehrsteilnehmer stärker in den Fokus nehmen“, erklärte Richard Goebelt, Fachbereichsleiter Fahrzeug und Mobilität des TÜV-Verbands. Besonders in Ballungsräumen seien neben herkömmlichen Fahrrädern zunehmend E-Bikes, Lastenräder und Scooter unterwegs, die mehr Straßenfläche für mehr Sicherheit benötigten. Deutschland falle international zurück, kritisierte Goebelt. Europäische Städte wie Paris, Kopenhagen, Utrecht, London oder Barcelona zeigen, dass alle von klar strukturierten Wegen, Straßen und Kreuzungen profitieren. „Auch die Sicherheit der Autofahrer steigt“, so Goebelt.
Jüngere E-Bike-Nutzer und höhere Unfallrisiken
Das Durchschnittsalter der Opfer sank in dieser Zeit deutlich, vermutlich weil E-Bikes zunehmend von jüngeren Menschen genutzt werden. 2023 war fast jeder dritte E-Bike-Verunglückte unter 45 Jahre alt, verglichen mit rund zehn Prozent im Jahr 2014. Dennoch liegt das Durchschnittsalter der Unfallopfer auf E-Bikes mit 53 Jahren immer noch über dem der Opfer auf nicht motorisierten Fahrrädern (42 Jahre).
Neben Faktoren wie Geschwindigkeit oder Gewicht der Fahrzeuge erklärt dies laut dem Statistischen Bundesamt auch den höheren Anteil tödlicher Unfälle. Bei älteren Menschen ist die Wahrscheinlichkeit generell höher, sich bei einem Sturz schwer oder tödlich zu verletzen. Um die Gefährlichkeit eines Verkehrsmittels insgesamt zu bewerten, müsste man die Unfallzahlen mit den zurückgelegten Strecken vergleichen, was bei Fahrrädern jedoch nicht regelmäßig statistisch erfasst wird.