Das 49-Euro-Ticket soll 2023 auch in NRW kommen. Doch wie das ganze genau finanziert werden soll, darüber wird auch weiterhin heftig diskutiert. Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) ist der erste Verkehrsverbund, der sich nun öffentlich dazu bekennt, notfalls dieses Ticket zu boykottieren. Hintergrund für diese Entscheidung ist, dass der Aufgabenträger eine vollständige Klärung vor Einführung vom Staat fordert, bevor das 49-Euro-Ticket startet.
Nach dem 9-Euro-Ticket folgte nun zunächst die Abo-Aktion, mit der Abo-Kund*innen in ganz NRW am Wochenende und den Ferien fahren können. Die Aktion wurde nun verlängert, als bekannt wurde, dass die Bundesregierung an ein Nachfolger arbeitet und konkrete Dinge benannt hatte: das 49-Euro-Ticket. Ab 1. Januar 2023 soll das bundesweite ÖPNV-Ticket eingeführt werden – auch hier in NRW. Doch die klare Finanzierung des Tickets ist noch lange nicht abschließend geklärt. Daher hat sich der Verkehrsverbund nun als erster öffentlich dazu geäußert und könnte sogar für ein Boykott des Tickets sorgen. Der VRR hofft nun, dass die Finanzierungsfragen bei der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz (MPK), die bis heute läuft, geklärt werden (wir werden diesen Artikel Updaten, sobald neue Informationen vorliegen).
Auf der MPK vom 12. Oktober wurde erklärt, dass der ÖPNV zunächst mit 1,5 Milliarden Euro gestärkt werden muss. Zudem müssen Energiekosten in Höhe von 1,65 Milliarden Euro abgefangen werden, hinzu kommen weitere 750 Millionen Euro vom Bund durch Pandemieverluste. Die Bundesländer sind grundsätzlich bereit das Geld dafür auszugeben. Dennoch benötigt man noch mehr Geld vom Staat für Busse und Bahnen – ohne diese würde auch das neue Ticket nichts nutzen. Unterstützung bekommen die Länder aktuell vom ehemaligen Verkehrsminister und heutigem Ministerpräsidenten NRWs, Hendrik Wüst. “Die Länder benötigen in der aktuellen Situation über 3 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich für einen leistungsfähigen ÖPNV”, sagte der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). “Für einen Nachfolger des 9 Euro-Tickets muss der Bund zusätzliche finanzielle Mittel zur Verfügung stellen.” Das Land Nordrhein-Westfalen fördert den öffentlichen Personennahverkehr und dabei insbesondere den Schienenpersonennahverkehr bereits mit rund 1,5 Milliarden Euro jährlich.
Hendrik Wüst fordert 3 Milliarden Euro jährlich zusätzlich für ÖPNV
Der Ministerpräsident Hendrik Wüst, der zugleich der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz ist, fordert vom Bund einen milliardenschweren Nachschlag bei den Regionalisierungsmitteln für den öffentlichen Nahverkehr. “Die Länder benötigen in der aktuellen Situation über drei Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich für einen leistungsfähigen ÖPNV”, sagte der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Freitag.. Für einen Nachfolger des 9-Euro-Tickets müsse der Bund zusätzliche finanzielle Mittel zur Verfügung stellen. Könnte am Ende ein Nachfolger des 9-Euro-Tickets an ihm scheitern?Bei der andauernden Diskussion um die Finanzierung des 49-Euro-Tickets warnte der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) vor extrem hohen Defiziten. Demnach müssen Bund und Länder dringend die sogenannten “Regionalisierungsmittel” erhöhen – ansonsten drohe im nächsten Jahr ein Defizit von gewaltigen 520 Millionen Euro, Tendenz steigend.
Gegenüber der Redaktion der “Rheinischen Post” stellte der für die Tarife zuständige VRR-Vorstand Jose Luis Castrillo klar: “Wir stehen als Branche bereit und sind hochmotiviert, wie in der Vergangenheit bei der Mehrwertsteuerabsenkung und dem Neun-Euro-Ticket unseren Beitrag zu leisten.” Dennoch müssten sich seiner Meinung nach Bund und Länder endlich über die langfristige Finanzierung des Nahverkehrs in Deutschland verständigen – ein Problem, welches in der Diskussion immer wieder genannt wird. Bereits am 12. Oktober sagte EVG-Vize Martin Burkert: “Wenn das Ticket ab Januar starten soll, brauchen wir 1000 Einstellungen mehr als bisher geplant, auf den Bahnsteigen, in den Zügen, beim Reinigungsdienst und der DB-Sicherheit.” Falls es zu keiner Einigung kommen sollte, wird Castrillo konkret – und droht mit Boykott: “Sofern es nicht eine ausreichende Finanzierung gibt, kann ich meinen Gremien eigentlich nicht vorschlagen, ein solches Konzept abzusegnen.”
Millionen-Beträge fehlen: Kürzungen im ÖPNV drohen
Trotz des viel verkauften 9-Euro-Tickets kann sich der Nahverkehr in NRW nicht auf Lorbeerblättern ausruhen. Die gestiegenen Kosten, die fehlenden Einnahmen durch die Pandemie und dem 9-Euro-Ticket machen den Verkehrsverbünden große Sorgen. Schätzungen von Experten zur Folge fehlen rund 190 Millionen Euro in NRW dieses Jahr – für das kommende Jahr könnte sich die Summe mehr als verdoppeln.Der benachbarte Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) schließt sich der VRR-Einschätzung an. “Ohne entsprechende Zuschüsse wäre ein solches Ticket für uns nicht denkbar”, sagt ein Sprecher der Rheinischen Post. Zusammen decken die beiden Verkehrsverbünde den Großteil der Bevölkerung von Nordrhein-Westfalen ab. Ohne ihre Zustimmung könnte das 49-Euro-Ticket in NRW wohl nicht eingeführt werden.
Gegenüber der Rheinischen Post erklärte der VRR, dass zusätzlich zum bundesweiten 49-Euro-Ticket auch ein günstigeres regionales NRW-Abo kommen könnte. “Ein solcher Gedanke würde naheliegen, auch weil wir ja ein so großes Bundesland sind”, sagt Castrillo. Zuvor hatte auch NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer mehrfach erklärt, dass für ihn ein günstigeres “NRW-Ticket” zum Preis von 29 Euro im Monat weiterhin denkbar sei. Die Grünen hatten solche günstigeren Regional-Tickets im Sommer 2022 ergänzend zum bundesweiten ÖPNV-Abo gefordert.